Personalmangel, Kirchenratswahlen und ein Meilenstein der Ökumene

Wie reagiert die Kirche auf den Mangel an Mitarbeitenden? Wie bringt sie Gott in der Öffentlichkeit ins Gespräch? Und was ist der Schlüssel zur Ökumene? Die reformierte Kirchensynode behandelte an ihrer Sitzung ein breites Themenspektrum anhand zahlreicher parlamentarischer Vorstösse.

Viel Raum nahm am Morgen die Diskussion um den richtigen Termin für Kirchenratswahlen ein. Die Mitglieder der Exekutive sollten aus Sicht des Kirchenparlaments nicht mehr anlässlich der konstituierenden Versammlung der Kirchensynode im Herbst gewählt werden, sondern erst später, damit neugewählte Synodale sich ein besseres Bild über die Kandidierenden machen können. Drei Varianten standen dabei zur Diskussion. Der Antrag des Büros der Kirchensynode auf eine Verschiebung auf die nächste – auf die konstituierende Sitzung folgende – Versammlung fand dabei eine Mehrheit gegenüber den als Motionen eingereichten Varianten auf Verschiebung um sechs Monate resp. zwei Jahre. Die nächste Kirchenratswahl findet folglich dieses Jahr am 21. November statt. Parallel zur Verschiebung werden organisatorische Massnahmen in die Wege geleitet, damit neugewählte Synodale schneller in den Ratsbetrieb finden: Unter anderem soll ein fraktionsübergreifendes Hearing mit allen Kandidatinnen und Kandidaten für den Kirchenrat veranstaltet werden.

Meilenstein der Ökumene

Nach diesem Geschäft öffnete die Kirchensynode ein Zeitfenster für einen ökumenischen Meilenstein, der vor 50 Jahren erreicht wurde und der bis heute für die evangelischen Kirchen der Welt bedeutsam ist, die Leuenberger Konkordie: Dass Reformierte und Lutheraner gemeinsam Abendmahl feiern, ist erst seit dieser vor 50 Jahren gefundenen Übereinkunft möglich. Die beiden Reformatoren, Martin Luther und Ulrich Zwingli, hatten sich in ihrem Glaubensverständnis auf fast alles einigen können – ausser auf das Abendmahl. Hier pochte Luther auf die Realpräsenz Christi, Zwingli interpretierte die Einsetzungsworte («Das ist mein Leib») als «das bedeutet». Gemeinsam Abendmahl feiern hielt man deshalb für unmöglich – viereinhalb Jahrhunderte lang.1973 zog man auf dem Leuenberg in Baselland einen Schlussstrich unter den innerprotestantischen Zwist. Der Leuenberger Konkordie gedenkt man in diesem Jahr in ganz Europa. Auch die Zürcher Reformierten würdigten im Rahmen der Kirchensynode das ökumenische Dokument, an dessen Erarbeitung die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) mitbeteiligt war. EKS-Präsidentin Rita Famos sowie zwei ihrer Vorgänger in diesem Amt, Heinrich Rusterholz und Thomas Wipf, erinnerten in Grussworten an die Errungenschaft der innerprotestantischen Ökumene. Gemeinsames betonen anstatt das Trennende, das sei auch heute der Grundsatz, der für die Weiterentwicklung der Ökumene und des interreligiösen Dialogs Bedeutung habe, sagte Thomas Wipf.

Nachwuchs und Mitsprache

Ein Postulat von Jacqueline Sonego Mettner lud den Kirchenrat ein zu prüfen, wie es Pfarrerinnen und Pfarrern ermöglicht werden kann, über das Pensionsalter hinaus im Dienst zu bleiben. Hintergrund ist der sich verschärfende Pfarrmangel. «Es ist ein wunderbarer Beruf, trotzdem entscheiden sich zu wenige dafür», sagte die Synodale und Pfarrerin. Deswegen müsste es möglich sein, dem Personalmangel – neben der Gewinnung neuer Pfarrpersonen – durch eine Verschiebung der ordentlichen Pensionierung zu begegnen. Der Kirchenrat nahm das Postulat entgegen.

Personalknappheit herrscht auch im Bereich Sozialdiakonie. Auch hier wollen Kirchensynode und Kirchenrat Gegensteuer geben. Der Kirchenrat nahm dazu ein Postulat entgegen, das die Schaffung attraktiverer Arbeitsbedingungen und die Zulassungsmodalitäten prüft.

Eine Motion von Irena Cavelty, Religiös-soziale Fraktion, fordert eine Neuregelung der Vertretung des Gemeindekonvents an Kirchenpflegesitzungen: Wenn der Konvent durch eine Pfarrperson geleitet werde, solle künftig ein weiteres Mitglied des Konvents an den Sitzungen der Kirchenpflege teilnehmen, da eine Pfarrerin oder ein Pfarrer schon von Amtes wegen an der Behördensitzung dabei sei. Der Kirchenrat erachtet dies als sinnvoll und nahm die Motion entgegen.

Kirchgemeinde selber wählen?

Auch das Postulat «Wahlkirchgemeinde» (Peter Nater, Liberale Fraktion) nahm der Kirchenrat entgegen. Der Vorstoss verlangt die Prüfung des Anliegens, dass die Mitglieder der Landeskirche selber wählen können, welcher Kirchgemeinde sie angehören möchten. Aargau und Schaffhausen kennen diesen Modus bereits. Kirchenrat Andrea Marco Bianca signalisierte Verständnis für das Anliegen. Er unterstrich dabei auch die Wichtigkeit der Postulatsform, die dem Kirchenrat das genaue Prüfen auch diffiziler Fragen, wie die des Wahlrechts oder des Steuerbezugs, ermöglicht und nicht bereits Lösungen vorgibt.

Mehr über Gott reden

Motion oder Postulat? Diese Frage stellte sich auch beim Thema «Über Gott reden», einem Legislaturziel des Kirchenrats, dem Hanspeter Friedli, Evangelisch-kirchliche Fraktion, und über 40 Mitunterzeichnende mittels Motion und dem Ziel einer Öffentlichkeitskampagne mehr Nachdruck verleihen wollten. Bruno Kleeb begrüsste im Namen des Kirchenrates die Stossrichtung. Über Gott zu reden sei dem Kirchenrat wichtig und gehöre zum Grundauftrag der Kirche. Die flächendeckende Plakatkampagne, wie sie die Motion vorgebe, sei allerdings zu teuer und nicht das richtige Mittel. Deshalb lehne der Kirchenrat das Anliegen als Motion ab, würde es in Postulatsform aber entgegennehmen. Der Motionär erachtete die Umwandlung in ein Postulat als «zahnlos» und hielt an der Motion fest. Die Kirchensynode entschied sich mit 66 zu 32 Stimmen gegen die Überweisung.

Kein Disputations-Festival

Eine grösser angelegte Feier des 500-Jahr-Jubiläums der Zürcher Disputation findet diesen Herbst nicht statt. Der Kirchenrat zog einen entsprechenden Antrag zu einem «Disputations-Festival» (auf der Basis von Podcast-Formaten) zurück, nachdem die vorberatende Kommission Rückweisung beschlossen hatte. Zeitdruck und die Ausrichtung auf eine zu kleine Zielgruppe sprachen gegen das Projekt.

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