Zürcher Kirchenrat sagt Ja zur Ehe für alle
«Wir sind von Gott gewollt, wie wir geschaffen sind. Unsere sexuelle Orientierung können wir uns nicht aussuchen. Wir nehmen sie als Audruck geschöpflicher Fülle wahr.» Auf diesen gemeinsamen Nenner konnten sich die Kirchenvertreterinnen und -vertreter an der Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes SEK Mitte Juni verständigen. Was das für die aktuellen politischen Anliegen bedeutet, darüber gingen die Meinungen jedoch auseinander.
Die Reformierte Zürcher Kirche hat sich ihrerseits bereits 1999 für die Gleichwertigkeit homosexueller Liebesbeziehungen ausgesprochen und in der Folge Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. In seiner Stellungnahme im Rahmen der Vernehmlassung geht der Kirchenrat nun einen Schritt weiter und spricht sich zuhanden der Rechtskommission des Bundesrates klar für die Möglichkeit der Ehe für alle aus. Schon seit der Reformation gehöre die Ehe nicht zum Glaubensgut, sondern sei wandelbar. Heute würde niemand mehr auf die Idee kommen, die Frau als Besitz des Mannes zu verstehen oder «Vielweiberei» zu erlauben wie noch zu biblischen Zeiten.
Für die reformierte Kirche sei die Ehe auch kein Sakrament, sondern eine Segens- und Fürbittehandlung. Es würden darum keine grundsätzlichen Hindernisse zur Anerkennung der Ehe für alle auch als Voraussetzung für eine kirchliche Trauung bestehen. Die Öffnung der Ehe für alle sei daher nicht nur zu akzeptieren, sondern ausdrücklich erwünscht.
Der Schutz der Ehe gilt dem Kindswohl
Gemäss Kirchenrat ist das Ziel der Ehe für alle, die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen gegenüber verschiedengeschlechtlichen Paaren aufzuheben. Diese Ungleichbehandlung sei sachlich nicht begründbar und verstosse gegen das Diskriminierungsverbot. Wenn auch die sexuelle Orientierung Ausdruck geschöpflicher Fülle sei, trage sie ebenfalls zur Gleichwertigkeit von Liebesbeziehungen bei.
Diese Gleichwertigkeit besteht nach Ansicht des Kirchenrates auch unabhängig von der Fortpflanzung. Der Schutz der Ehe dürfe deshalb nicht einer «natürlichen Ehe zwischen Mann und Frau» gelten, wie es etwa von konserativen christlichen Kreisen gefordert wird. Vielmehr müsse die weltliche Institution Ehe verbindliche Beziehungen und die allenfalls daraus entstehenden oder darin lebenden Kinder schützen. Es sei darum ausdrücklich auch im Sinne des Kindswohls, wenn die Ehe für alle ermöglicht wird.
Zum Kindswohl gehört gemäss Kirchenrat auch, dass die Kindsbeziehungen rechtlich abgesichert werden und daher alle Paare, gleich- wie verschiedengeschlechtlich, Zugang zum Stiefkinds- wie auch zum Voll-Adoptionsverfahren haben. Er ist überzeugt, dass zwei Männer oder zwei Frauen genau gleich gute Eltern sein können wie ein Mann und eine Frau. Der Kirchenrat unterstützt folglich auch den Zugang für weibliche Ehepaare zum Verfahren der Insemination mit gespendeten Samenzellen.
Schliesslich befürwortet der Kirchenrat auch die Erweiterung des Anwedungsbereichs aller weiteren Bestimmungen des Eherechts auf gleichgeschlechtliche Paare (z.B. Güterrecht) und auch die Gleichstellung der eingetragenen Partnerschaft und der Ehe im Einbürgerungsverfahren.
Folgende Stellungnahme des Kirchenrates der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Zürich zur Ehe für alle (Parlamentarische Initiative 13.468) zuhanden der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates wurde aus Gründen der Dringlichkeit als Präsidialverfügung eingereicht:
Stellungnahme zur Vernehmlassung zur Ehe für alle (PDF)