Grünes Licht für grösste Kirchgemeinde
Die Kirchensynode besiegelt den Zusammenschluss von 32 reformierten Kirchgemeinden der Stadt Zürich zu einer Kirchgemeinde mit über 80 000 Mitgliedern. Nur die Kirchgemeinden Zürich Witikon und Zürich Hirzenbach wagen den Alleingang.
Was die reformierten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Stadt Zürich bereits 2014 gutgeheissen haben, bestätigt jetzt das Kirchenparlament der Reformierten Landeskirche des Kantons Zürich: Die über dreissig Kirchgemeinden auf dem Boden der Stadt Zürich und Oberengstringens werden zu einer einzigen Kirchgemeinde vereinigt. Einen entsprechenden Zusammenschlussvertrag hiess eine grosse Mehrheit der Synodalen an ihrer Sitzung vom 16. Januar gut. Dadurch entsteht mit über 80 000 Mitgliedern die grösste Kirchgemeinde der Schweiz.
Zwei Gemeinden scheren aus
Die Kirchgemeinden Zürich Witikon und Zürich Hirzenbach bleiben dem grossen Zusammenschluss hingegen fern. An ihren Gemeindeversammlungen hatten die beiden Kirchgemeinden auf Stadtgebiet gegen den Zusammenschluss votiert. Diese Entscheide der Kirchenbasis vor Ort wollte der Kirchenrat respektieren – auch wenn damit seiner Ansicht nach einige Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten verbunden sind. In seinem Antrag hatte die Exekutive der Landeskirche darauf hingewiesen, dass nicht garantiert sei, dass die verfügbaren Ressourcen auch in Zukunft den Alleingang ermöglichten.
Die beiden Kirchgemeinden, die wie die anderen 32 Gemeinden im reformierten Stadtverband eingebunden sind, müssen nun eigene Verwaltungen aufbauen. Gehen sie ihren Weg in die Selbstständigkeit, braucht es auch eine Aufteilung der Erträge aus den Kirchensteuern und überhaupt eine «Ausscheidung» des Anteils am Vermögen des heutigen Stadtverbands.
Die vorberatende Kommission der Kirchensynode stellte aus diesen Gründen den Antrag, die beiden Gemeinden in die Fusion mit einzubeziehen. Der Entscheid für den Antrag sei nicht leicht gewesen und hätte für Bauchweh gesorgt, sagte Kommissionspräsident Thomas Maurer, Knonau, im Hinblick darauf, dass die Kirchensynode damit demokratische Entscheide der Krichgemeindeversammlungen umstossen würde. Diese Kompetenz stünde der Kirchensynode in diesem Fall zu und wäre aus Sicht der Kommission mit Blick auf den gesamten Prozess in der Stadt Zürich gerechtfertigt. Diese Sicht bekräftigte auch der Präsident der Geschäftsprüfungskommission, Bluno Kleeb, Bauma.
Kirchenrat Bernhard Egg hielt dagegen fest, dass der Kirchenrat bei aller Skepsis den Entscheid für den Alleigang der zwei Stadtgemeinden respektiere. „Zwang ist ein heikles Rezept", sagte Egg und erinnerte daran, dass einer Zwangsfusion auch Beschwerden mit aufschiebender Wirkung drohen könnten. Dies hätte dann auch den Zusammenschluss der 32 fusionswilligen Kirchgemeinden ins Stocken gebracht.
Beflügelt in die Zukunft
Eben dies hätten einige Synodale in Kauf nehmen wollen und plädierten für Nichteintreten auf die Vorlage. Yvan Walther, Urdorf, sprach von der Schaffung einer „Monsterkirchgemeinde", deren schiere Grösse ein Ungleichgewicht in der Landeskirche schaffen würde. Dieser Argumentation und auch dem Wunsch auf Abwarten auf die Ergebnisse der Teilrevision der Kirchenordnung mochten nur wenige folgen. Mit 77 gegen 25 Stimmen wurde der Antrag auf Nichteintreten abgelehnt.
Bei der Abstimmung über den Einbezug der Kirchgemeinden Hirzenbach und Witikon, über die die Synodalen unter Namensaufruf jeweils separat abstimmten, waren die Stimmenverhältnisse knapper. Dem Alleingang von Hirzenbach stimmten 59 Synodale zu, jenem von Witikon 62. Über 40 Synodale hielten den Alleingang für falsch und wenig erfolgversprechend. Sie beriefen sich in ihren Voten auch auf das Abstimmungsergebnis von 2014, bei dem sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ‒ auch jener der jetzt ausscherenden Kirchgemeinden ‒ für eine Kirchgemeinde Zürich ausgesprochen hatten.
In seinem Schlussvotum stellte Kirchenratspräsdient Michel Müller die Freude über den für die 32 Kirchgemeinden gelungenen Zusammenschluss in den Vordergrund. Statt von Bauchweh, sprach der Kirchenrat von „Schmetterlingen im Bauch", die den Zusammenschluss und das Aufeinanderzugehen der städtischen Kirchgemeinden nun beflügeln.
Klärung im Prozess KirchGemeindePlus
Auf dem Weg zu weiteren Zusammenschlüssen befinden sich auch zahlreiche reformierte Kirchgemeinden im übrigen Kantonsgebiet. Dieser Prozess unter dem Namen KirchGemeindePlus bedurfte aus Sicht der Kirchensynode in verschiedenen Punkten der Klärung. Der Kirchenrat lieferte sie in der heutigen Sitzung mit einer Antwort auf eine von der Kirchensynode 2015 überwiesene Motion. Darin steckte er unter anderem auch die finanzielle Dimension des Prozesses ab: Der Kirchenrat rechnet im Zeitraum von 2012 bis 2023 mit einem Total von 6,25 Mio. Franken bei den internen Kosten. Davon entfallen knapp 4,8 Mio. Franken auf Leistungen der Mitarbeitenden der Gesamtkirchlichen Dienste. Im Personalaufwand sind sowohl die Leistungen der Mitarbeitenden der Abteilung Kirchenentwicklung wie auch die geschätzten Stunden des Projektteams enthalten, das sich aus weiteren Mitarbeitenden der Gesamtkirchlichen Dienste zusammensetzt. Für diese Stellen erfolgten Verschiebungen innerhalb des Stellenplans. Der Stellenetat der Gesamtkirchlichen Dienste wurde für KirchGemeindePlus nicht erhöht. Ein zweiter Kostenblock ergibt sich aus Unterstützungs- und Entschuldungsbeiträgen an einzelne KirchGemeindePlus-Projekte von Kirchgemeinden. Hier rechnet der Kirchenrat mit einer Gesamtsumme von maximal 6,3 Mio. Franken.
Die weiteren gesetzgeberischen Fragen zum Prozess KirchGemeindePlus klärt die Kirchensynode im Rahmen der Teilrevision der Kirchensynode. Die Beratungen dazu nimmt sie ab dem 3. April in Angriff.