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Vielfalt im Gottesdienst – Mitglieder gestalten mit

Pfarrer Thomas Muggli-Stockholm kann auf initiative Mitglieder in der Kirchgemeinde Bubikon-Wolfhausen zählen. Was es dafür braucht? Offene Räume und etwas Fehlerfreundlichkeit.

Was verbinden Sie mit dem Begriff „Partizipation“?

Theologisch gesehen heisst Partizipation das Priestertum aller Gläubigen. Das meint aber nicht, dass alle predigen am Sonntag. Es bedeutet, dass man Engagierte einbindet, schaut, was diese gern machen und gut können. Und dass man Räume öffnet, damit sich Menschen einbringen können.

Wo ist das in Ihrer Kirchgemeinde der Fall?

Im Bereich des Gottesdienstes haben wir verschiedene Formen und überall Freiwillige dabei. Diese engagieren sich je nach Neigung mehr inhaltlich oder führen operativ aus. Es gibt beispielsweise Personen, die gerne einen vorgegebenen Text vorlesen. Die Gemeinde schätzt es, dass im Gottesdienst verschiedene Stimmen zu Wort kommen. In der Chinder-Chile gibt es einen grossen Pool an Leuten, die Anlässe für Familien und Kinder durchführen. Zum Beispiel Kindertage mit einem Bastel-, Theater- oder Musikprogramm.

Wie sehen die Mitgestaltungsmöglichkeiten genau aus?

Bei den Lob- oder Praise-Gottesdiensten gestaltet ein Team aktiv mit und schreibt die Texte dazu. Wir besprechen vorher nur den Inhalt zusammen. Alles andere wird selbständig von diesem Team ausgeführt. Die Vorbesprechungen sind sorgfältig gestaltet, und wir werten die Anlässe jeweils gemeinsam aus. Ich staune über das hohe Verantwortungsbewusstsein der Beteiligten.

Gibt es bei Ihnen in der Kirchgemeinde selbstorganisierte Gruppen, die etwas komplett allein gestalten?

Das Singe mit de Chliinschte zum Beispiel macht eine engagierte Freiwillige völlig autonom. Ich bin grundsätzlich offen für neue Anliegen oder Ideen. Wir führten vor 10 Jahren einen Gemeinde-Entwicklungsprozess durch: Eusi Chile. Dort kamen ein paar aktive Familien zusammen, mit dem Ziel, sich für jüngere Leute einzusetzen. Auch unser Spielplatz draussen, eine Idee der Kirchenpflege vor 20 Jahren, konnte dank dem Einsatz und dem Zusammenstehen von aktiven Elterngruppen realisiert werden. Bei Initiativen von Freiwilligen ist übrigens die Funktion des Sigrists sehr wichtig ist. Er oder sie sollte sich als Gastgeber verstehen und die Türen der Kirchenräume öffnen.

Wie erkennen Sie den Bedarf der Menschen in der Gemeinde?

Im Rahmen des Gemeinde-Entwicklungsprozesses Eusi Chile führten wir eine Befragung mit Fragebogen durch. Diese war aber nicht ergiebig. Eine Befragung sollte mit persönlichen und gezielten Gesprächen durchgeführt werden. Und man sollte auch auf neue Leute zugehen.

Vor etwa fünf Jahren bildeten wir eine Gruppe, die der Frage nachging, wie sich unsere Gemeinde diakonisch passend einsetzen könnte. Das mündete darin, dass wir die Flüchtlingsarbeit ausbauten und die geflüchteten Menschen gezielt begleiteten. Eventuell können wir in Bubikon ein Haus kaufen, welches wir als Kirchgemeindehaus umnutzen würden. Auf jeden Fall initiieren wir eine Zukunftswerkstatt für einen weiteren Gemeindeentwicklungsprozess. 

Welches sind gedeihliche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Mitwirkung?

Fehlerfreundlichkeit und der Anspruch an die eigene Arbeit sind wichtige Voraussetzungen. Ich möchte eine hohe Qualität aber keine erstickende Perfektion. Klar könnte ich zum Beispiel als Profi die Gebete besser oder schneller schreiben, sprachlich geschliffener. Ich habe ja auch mehr Zeit zur Vorbereitung. Aber es lebt dann vielleicht weniger. Das ist vergleichbar mit einem engagierten Laienorchester, welches ab und zu einen schiefen Ton spielt. Aber die Zuhörerinnen und Zuhörer besser packt als ein abgelöschtes Profiorchester. 

Welche Hindernisse oder Risiken kennen Sie aus Ihrer Erfahrung bezüglich Mitwirkung und Beteiligung?

Im kirchlichen Bereich ist das theologische Profil ein grosses Thema. Da muss man aufpassen, dass der gegenseitige Respekt vorhanden ist. Ich respektiere die Menschen mit ihrem persönlichen Glaubensstil, welcher vielleicht nicht immer meinem entspricht.