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Auch Kinder und Jugendliche gestalten die Kirche mit

Die Kirche sollen alle mitgestalten dürfen, auch die Kinder, findet Esther Nydegger. Die gelernte soziokulturelle Animatorin ist Mutter von zwei kleinen Kindern, arbeitet als Berufsschullehrerin und als Katechetin in der Kirchgemeinde Wetzikon. Dort organisiert sie u. a. den Geschichten-Lunch.

Was verbinden Sie mit dem Begriff „Partizipation“?

Partizipation bedeutet, dass Leute mitreden und mitentscheiden können. Dass man zuhört, die Leute ernst nimmt und sie einbezieht in die Planung der Angebote. Dass man die Leute mitdenken lässt, was und wie „die Kirche“ sein soll. Kinder sollen auch partizipieren können. Wichtig ist, deren Bedürfnisse abzuholen und aus ihrer Sicht her zu denken. Damit sich Angebote entwickeln, die für sie Sinn machen.

Gibt es in Ihrer Kirchgemeinde euch Angebote oder Projekte, bei denen Menschen ausserordentliche Mitgestaltungmöglichkeiten haben?

Hier geht man eher von einem Angebot aus und lässt die Leute teilnehmen. Ich fände es schön, wenn die Kirche partizipativer arbeiten würde. Früher engagierte ich mich in einer anderen Gemeinde in der kirchlichen Jugendarbeit. Zudem arbeitete ich vor ein paar Jahren in der Kinder- und Jugendpartizipation der Stadt Zürich. Mir ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche die Möglichkeit haben, partizipieren zu können. Vor allem im Bereich der Sozialdiakonie gibt es da viel Potential.

Zum Beispiel?

Im Bereich der Sozialdiakonie werden Kinder und Jugendliche hier stark eingebunden, zum Beispiel mit Kindergottesdiensten oder im Weihnachtsmusical. Weitere Ideen hätte ich persönlich viele. Man könnte zum Beispiel das Kirchgemeindecafé schöner einrichten, besser beschildern, damit man es einfacher findet. eine Spielecke einrichten, die man mit Kindern benutzen kann. Damit es ein niederschwelliger Treffpunkt für Familien sein könnte. Das hätte in Wetzikon Potential, weil wir hier kein richtiges Familien- oder Gemeinschaftszentrum haben. Und hinter dem Pfarrhaus hat es einen schönen grossen Garten. Auch diesen könnte man zusammen gestalten und nutzen.

Wie erkennt man die Bedürfnisse der Kinder im Unterricht?

In meiner Arbeit als Katechetin versuche ich zu Beginn des Schuljahres heraus zu spüren, welche Interessen die Kinder verfolgen, wie ich sie am besten abholen, und welche Ressourcen ich von ihnen einsetzen kann. Trotzdem ist klar, dass ich bestimmte Inhalte vermitteln muss.  Aber man kann diese bedürfnisorientiert anpassen. Kinder entwickeln sich laufend. Es ist wichtig, wachsam zu sein und ihren Entwicklungsschub nicht zu verpassen. Ich habe jetzt zum Beispiel ein paar Jungs, die sich intensiv mit Lego beschäftigen. Nun überlege ich, wie ich das in meinen Unterricht einbauen könnte. Eine andere Gruppe spielt im Moment gerne mit einfachen Musikinstrumenten. Eine biblische Geschichte kann man ja mit beiden Methoden erzählen, mit Legos oder mit Musikinstrumenten.

Welches Menschenbild braucht es, um Mitwirkung zuzulassen?

Man darf nicht zu distanziert, zu sachlich und zu verkopft sein. Man sollte sich begeistern können für die Ideen anderer. Man sollte Vorschläge anderer „hören“ und spüren, wenn sich jemand einbringen möchte. Wenn man als engagiertes Kirchenmitglied immer wieder anklopft mit Vorschlägen, und nicht gehört wird, lässt man es irgendwann sein. Oder versucht es halt an einem anderen Ort, in einer anderen Institution. Man sollte eine gewisse Offenheit gegenüber Neuem haben. Und nicht immer nur die Kerngruppen berücksichtigen und bedienen. Man sollte den Bedarf der Gemeinde kennen und sich daran orientieren.

Welches sind gedeihliche Voraussetzungen für Mitwirkung und Mitbestimmung?

Wichtig ist, dass man von der Kirchenpflege unterstützt wird. Dass die verantwortliche Person in der Kirchenpflege offene Ohren hat und versteht, um was es geht. Und dass man die dafür nötigen Räume erhält. Wenn die Räume nicht benutzt werden dürfen, wenn sie möglichst sauber und neutral sein sollen, wie soll dann eine Kirche leben? Wir haben die besten Liegenschaften an den besten Lagen, das müssen wir viel mehr nutzen.

Welche Hindernisse oder Risiken kennst du aus deiner Erfahrung bezüglich Mitwirkung und Beteiligung?

Wenn alles möglichst sauber und aufgeräumt sein muss und lieber nicht benutzt werden darf, ist das nicht förderlich für Partizipation. Für echte Partizipation braucht es flache Hierarchien und man muss ein Stück weit Kontrolle abgeben können. Extrovertiertheit und Emotionalität sollten auch Raum erhalten.

Wenn ich mit meinen beiden kleinen Kindern nicht willkommen geheissen werde, weil die manchmal laut und dreckig sind, dann habe ich das Gefühl, ich passe da nicht rein. Wenn ich mit ihnen in den Gottesdienst gehe und sie zu lebendig sind, dann gehe ich irgendwann da nicht mehr hin, weil es mir unwohl wird. Und das geht wahrscheinlich anderen Familien auch so.